Montag, 1. Februar 2010

Rügen: Vogelgrippe abgesagt

...Kürzlich gefunden beim Kopp-Verlag:


Erinnern Sie sich noch an den Januar und Februar 2006? Als auf und um die Insel Rügen plötzlich die Schwäne umfielen wie die sprichwörtlichen Fliegen? Kaum kippten so ein paar Langhälse aus den Latschen, war gleich der Teufel los. Experten eilten an den Ort des Dahinscheidens und traktierten die Vogelkadaver nach allen Regeln der Kunst. Sie durchbohrten und durchstachen die gefiederten Leichen, als wollten sie sie nachträglich noch für ein schreckliches Vergehen bestrafen, das da hieß: H5N1. Am 16. Februar 2006 wollte das allseits geschätzte Friedrich-Loeffler-Seucheninstitut auf der Insel Riems in den toten Schwänen die »Vogelgrippe« entdeckt haben.

Pünktlich zum Fasching sprangen daraufhin Narren mit furchterregenden Masken und Schutzanzügen auf Rügen herum und schwenkten die schlaffen Langhälse wie eine ersehnte Beute vor den Kameras: »Vogelgrippe-Alarm«! Tage-, wenn nicht wochenlang hielten unsere geschätzten Qualitätsmedien das Publikum in Atem und übertrafen sich gegenseitig in düsteren Prophezeiungen über das Ende der Schwäne, ach was, der Menschheit, ach was, des Planeten.

Die Pharmaumsätze schossen in die Höhe; für Abermillionen kauften die Bundesländer mit Steuergeldern das fragwürdige Grippe-Mittel Tamiflu ein, das seitdem in Fässern vor sich hinschimmelt.

Wie bei jedem Narrentreiben ließ der Kater allerdings auch hier nicht lange auf sich warten. Die Begeisterung verebbte schnell, als immer neue Ungereimtheiten rund um die mysteriöse Grippe ans Licht kamen. Unter anderem, dass die »Vogelgrippe« ausgerechnet in den drei Landkreisen rund um das Friedrich-Loeffler-Institut zuerst aufgetreten war. Das Institut, in dem die Vogelgrippe »entdeckt« wurde, liegt nämlich nur einen Steinwurf von Rügen entfernt. Seltsam, nicht? Hatten die wackeren Forscher demnach einfach mal vor ihrer Haustür ein paar tote Schwäne zusammengeklaubt und sie zu Vogelgrippe-Toten gekürt – »h.c.« gewissermaßen?

Wer weiß. Von der Vogelgrippe ließ man jedenfalls alsbald die Finger, um nach einer Anstandspause 2009 die »Schweinegrippe« zu entdecken und genau dasselbe das Spielchen nochmals zu spielen: Korrupte Medien und unfähige Politiker brachten den Steuerzahler mit dem Einkauf nutzloser Impfstoffe erneut um hohe Millionenbeträge. Oder sollte ich sagen: Unfähige Medien und korrupte Politiker?

Bild beweint tote Schwäne auf Rügen.

Man weiß es nicht genau. Dass die Vogelgrippe-Panik mit Wissenschaft nicht viel zu tun hatte, weiß man dagegen sehr genau. Man kann man es unter anderem daran sehen, daß auf Rügen auch jetzt wieder Hunderte von Schwänen umkippen – und kein Schwan bzw. Schwein kümmert sich drum. Auch in diesem Winter herrscht – genau wie Anfang 2006 – wieder ein Massensterben unter dem Geflügel: »Es ist ein trauriger Anblick«, jault die Bild-Website: »Vor der Küste Rügens spielt sich ein Tier-Drama ab. Leblose Schwäne liegen festgefroren auf dem Eis. 100 Kadaver wurden schon entdeckt.«

Ach was – und nun? Vogelgrippe-Alarm? Seuchenpanik? Krisensitzungen?

Nicht doch: »Der harte Winter hat den stolzen Schwänen zugesetzt. Weil vielerorts die Gewässer komplett zufrieren, geht den Vögeln jetzt die Nahrung aus.« In der Tat. Sogar die Ostsee ist in weiten Bereichen zugefroren, wie die Bilder vom Timmendorfer Strand zeigen. »Die Verantwortlichen wollen nichts unternehmen«, weint Bild Krokodilstränen: »Die Polizei fühlt sich nicht zuständig. Es sei eine Form der ›natürlichen Auslese‹«.

Frage: Was war nochmal »natürliche Auslese«? Antwort: »Natürliche Auslese ist eine gängige Todesursache, an der die Pharmaindustrie nichts verdient, weshalb sie immer mehr in Vergessenheit gerät.«

Zugefrorene Ostsee Ende Januar 2010 am Timmendorfer Strand. Fotos: Wisnewski.

»Die Feuerwehren greifen auch nicht ein«, petzt Bild weiter: »Angeblich viel zu gefährlich! Das Eis sei zu brüchig, hieß es.« Laut der Trash-Zeitung unternimmt nur Dr. Bernd Nostiz, Leiter des Veterinäramtes des Kreises Rügen, einen matten Versuch, die Vogelgrippe wenigstens ins Spiel zu bringen: »An den Futterstellen sammeln sich viele Vögel. Ist einer von ihnen mit dem Erreger der Vogelgrippe infiziert, verbreitet sich die Krankheit rasend schnell auf ganz Rügen aus.«

Ja, und nun? Nichts »und nun«. Das war's dann auch schon. Die Pharma-Party wurde diesmal abgesagt. Schließlich ist man noch mit den Aufräumarbeiten nach der Schweinegrippe beschäftigt. Jetzt muss man erstmal die Reihen schließen und die Truppen sortieren. Und dann kommt die nächste Grippe. Ganz bestimmt.


http://info.kopp-verlag.de/news/ruegen-vogelgrippe-abgesagt.html

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